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Lange Tradition deutscher Organisten bis heute

Christoph Möller spricht über seine drei wichtigsten „Orgellehrer“

VON WALTER PLÜMPE

Deutschland hat eine lange Tradition an Organisten und Komponisten. Neben den großen, musik- und kirchengeschichtlich prägenden wie Johann Sebastian Bach oder Johann Pachelbel gäbe es eine lange Liste weiterer Namen zu nennen. Organist Christoph Möller (70), seit zwei Jahren Leiter der Ökumenischen Seniorenkantorei Berlin (ÖSK), hat sie in seinen langen Jahren an Berliner Orgeln alle kennengelernt. Auf die Frage „Wer waren deine wichtigsten Orgellehrer?“ antwortet er mit drei Namen: Samuel Scheidt, Dietrich Buxtehude, Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Samuel Scheidt (1587-1654) ist bekannt durch seine dreibändige „Tabulatur nova“, eine bedeutende und umfangreiche Sammlung für Tasteninstrumente. Das Novum: die Werke sind nicht mehr in der altgebräuchlichen Buchstaben-Tabulatur notiert, sondern in der von Italien her auf kommenden Partituranordnung gesetzt. Jede Stimme ist auf einem besonderen System notiert, also ähnlich, wie Bach später seine „Kunst der Fuge“ aufgezeichnet hat. Scheidts Hymnus „Nun komm der Heiden Heiland“ war Möllers erstes Werk bei seinem Berliner Orgellehrer Christian Schlicke. „Keine Adventszeit in den letzten 50 Jahren ohne dieses Werk und die Inspiration für das eigene liturgische Orgelspiel.“ Besonders rührt ihn die stille Altdurchführung des c.f. in Vers 3 an. „Es ist, als würde in diesen 15 Takten von rund 70 Sekunden Dauer die Zeit angehalten.“

Dietrich Buxtehude (1603-1707) war ein wichtiger Vertreter des Barock. Er schrieb zahlreiche geniale Orgelwerke, darunter viele Choralvorspiele und Fugen. Möller: „Seine kleine C-Dur-Fuge auf dem Clavicord bei Kerzenschein zu spielen oder zu hören, lässt mir das Herz höher schlagen.“ Im Gegensatz zu den üppigen großen Präludien und Fugen, für die man den Raumklang der Lübecker Marienkirche im Ohr haben sollte.

Foto: © Walter Plümpe 2025-07-06 Organist Möller

Organist Christoph Möller vor einer historischen Orgel im Evangelischen Zentrum an der Klosterstraße in Berlin

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), einer der bedeutendsten Musiker der Romantik, spielte eine wichtige Rolle bei der Wiederentdeckung und Pflege der Werke Bachs und Händels. Er ist vielen durch den „Hochzeitsmarsch“ bekannt. Möller: „Bei meinem ersten Besuch der Kirche Sankt Peter und Paul in Nikolskoe am Berliner Wannsee hörte ich seinen Schlusssatz der Vaterunser-Sonate. Ich werde sie seitdem nicht mehr los.“ In der Spandauer Marienkirche sang die ÖSK im November 2024 im Konzert von ihm die Choralkantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“; und sie erarbeitet gerade Psalm 43: „Richte mich Gott“. Stücke, die jedes Mal aufs Neue unter die Haut gehen. „Zeitlose Werke eines Genies.“

Möller, der mit 19 Jahren nach Berlin kam, hat im Laufe seines Studiums diese und viele weitere Komponisten kennen gelernt. „Sie werden im Prozess des Lernens und Verstehens zu lebendigen Zeitgenossen. Sie sprechen in ihrer Sprache und fesseln. Ihre Musik begleitet uns ein Leben lang.“

Die lange Tradition deutscher Komponisten setzt sich auch in der Gegenwart fort. Die ÖSK pflegt deren Werke ebenfalls und singt unter anderem Stücke von Jochen Steuerwald aus Speyer (* 1967), Christian Heiß aus Regensburg (* 1967), Chef der weltberühmten Regensburger Domspatzen), Manfred Schlenker (1926–2023). Auch Größen der internationalen Musikerszene finden sich im Programm der ÖSK, zum Beispiel der Norweger Edvard Grieg (1843-1907) mit „Ave, maris stella“ und der Brite John Rutter (*1945) mit seinem Weihnachtswiegenlied „Christmas Lullaby“.

Wegweisend zur Auswahl von Kompositionen für die Orgel wie für den Chorgesang ist für Möller ein Satz von Pfarrer Alexander Heck, Marienkirche: „Musizieren und Singen ist vor allem Verkündigung, nicht nur ein Sahnehäubchen für den Gottesdienst.“

Quelle: Dieser Artikel erschien in:
die Kirche Nr. 28 vom 6. Juli 2025.